Montag, 13. Juli 2015

Episode #127: Audition (J 1999) & Under the Skin (GB 2014)

Während Herr Gramsch eine Woche wohl verdiente Entspannung genießt, hat sich Patrick einen Gastmoderator geangelt. Mit Daniel Haberkorn taucht er zwei mal in die Abgründe (nicht-)menschlicher Seelen hinab. Mit Audition erteilt uns Takashi Miike ein Lehrstück in Sachen Partnersuche. Und in Jonathan Glazers Under the Skin erfahren wir, wie es im tiefsten Innern eines außerirdischen Besuchers aussieht - im wahrsten Sinne des Wortes. Zwei Filme, die gleichermaßen beglücken wie sie weh tun. Masochismus pur!

Kritische Liebeserklärungen an Audition und Under the Skin von Co-Host Daniel H. findet ihr auch hier und hier.

Im Intro sprechen wir über (mit Amazon-Links, soweit verfügbar) Ant-Man (2015), Wenn du krepierst lebe ich! (1977), The Square - Ein tödlicher Plan (2008), Wolf's Rain (2003), Angelas Rache a.k.a. Ein mörderisches Abenteuer (1994) und Prinzessin Mononoke (1997).

Lob, Kritik und Filmwünsche bitte an patrick[at]bahnhofskino.com.

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6 Kommentare:

  1. Sehr, sehr schöne Sendung und schön so ausschweifend zu hören, wie stark UNDER THE SKIN auch andere bewegt, beschäftigt und nachhaltig beeindruckt hat! Für mich wohl DER Film der letzten Jahre (ungefähr auf einer Stufe mit UPSTREAM COLOUR) - zum einen wegen der enormen akuten Wirkung (ich war zeitweise auch regelrecht abgestoßen und empfand den Blick auf die eigene Welt nie entfremdeter), zum anderen auch wegen der Nachwirkung (mir ging es wie Daniel, der Film wich nicht mehr aus meinem Kopf, ich habe den Score rauf und runter gehört und ich denke zwischendurch immer wieder daran). Wahnsinn!

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  2. Ich habe neulich auf Twitter angekündigt, hier noch was zu Audition ergänzen zu wollen. Das habe ich gerade ca. eine Stunde getan und als ich endlich fertig war, war meine Internetverbindung hinüber und der Kommentar verschwunden... Also nochmal die Kurzfassung (die wiederum zu lang für eure Kommentarfunktion ist, weshalb ich sie nochmal aufteilen muss):
    Ihr sprecht über Miike, als gäbe es den Miike-Stil. Das ist aber doch ein wenig gewagt. Denn, auch wenn man gerade bei den älteren Veröffentlichungen im Westen, auf die Idee kommen könnte, er hätte eine Linie, kann man das so nicht sagen. Der gute Mann macht so 2-3 Filme pro Jahr, wo alles vom Kinderfilm über Mainstream-Mangaverfilmungen zu grotesken Gewaltfilmen dabei ist. Das ist alles zu breit gefächert, als das man da einen klaren Stil benennen könnte (auch wenn er schon seine Handschrift hat). Wer sich da weiter informieren will, kann sich mal die Bücher Agitator und Re-Agitator von Tom Mes anschauen. Die lohnen sich sehr.
    Kommen wir mal zum Film: Einmal wäre da das Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Das ist nicht unbedingt so, dass der Sohn den Vater rumkommandiert. Vielmehr hat der Vater sich, nach dem Tod seiner Frau, in die Arbeit gestürzt und der Sohn will ihn da rausholen. Ich habe das eher so verstanden, dass sie sehr freundschaftlich miteinander umgehen. Übrigens würden Japaner sie tatsächlich beide Aoyama nennen, da man sich nunmal mit dem Nachnamen anspricht, wenn man sich nicht so nahe steht.
    Die Frage, wie es sein kann, dass so ein alter Typ sich eine junge Frau angeln will:
    Ja, es ist unsympathisch und komisch, aber man sollte zumindest bedenken, dass viele Japaner die Ehe eher pragmatisch angehen. Man heiratet halt, weil es die Gesellschaft erwartet. Man redet auch von "Christmas Cake": der leckere Kuchen, den man am 24.12. auftischt und dessen Reste am 25. niemand mehr will. Soll heißen: unverheiratete Frauen über 25 sind komisch. Das verschiebt sich langsam in Richtung 30, aber der Gedanke ist noch da. Genauso kenne ich z.B. auch eine Japanerin, die nach Fukushima nicht mehr in Japan leben wollte. Also verließ sie ihren Verlobten und suchte sich einen Ausländer. Eine Freundin von ihr hasst ihren Mann und wartet auf seinen baldigen Tod. Scheidung geht nicht, dann hätte sie ja kein Geld mehr. Sowas darf man auf keinen Fall pauschalisieren und der Hang zum Singleleben oder Liebesheirat verbreitet sich weiter, aber es ist eben auch ein Land, in dem eine Hochzeitsvermittlung nicht ungewöhnlich ist. Abgesehen davon, dass die christlich geprägten Werte, die hier überall die Idee von Ehe beeinflussen, halt nahezu komplett wegfallen.

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    1. Was die Lügen der beiden angeht, so ist das anfängliche Vorsprechen schon echt (zumindest in der Romanvorlage) und abgesehen von der Tatsache, dass Aoyama dort nicht arbeitet, belügt er Asami nicht. Er verliebt sich sofort, will sie heiraten usw.. Das ist schon alles aus Überzeugung. Sie lügt letztendlich auch nicht so viel. Im Roman erzählt sie ihm sehr viel über sich und ihre Kindheit und es scheint zu stimmen. Nur eben den Fußamputationsfetisch und einige andere Dinge verschweigt sie.
      Da kommen wir auch zu einem interessanten Punkt, der Film und Buch unterscheidet: Sie behauptet einen Mentor bei einer Plattenfirma zu haben. Im Film hatte ich das Gefühl, dass sei dann der Mann im Sack (oder war es doch der Barbesitzer?), im Buch heißt es er sei an den Folgen eines abgetrennten Fußes gestorben. Genauso sehen sie einen jungen Rollstuhlfahrer in einem Restaurant, der bei ihrem Anblick Panik bekommt. Dazu kommt, dass im Buch wirklich jeder auf Aoyama einredet, weil mit ihr irgendwas nicht zu stimmen scheint, während er mit rosaroter Brille alle verdächtigen Punkte ausblendet und sie idealisiert, weil sie trotz ihrer schweren Kindheit solch eine starke Persönlichkeit geworden ist. Letztendlich wirken die Figuren im Film aber wahrscheinlich unsympathischer, weil ein Großteil der Gespräche zwischen beiden nur angedeutet wird bzw. wegfällt.
      Was den Punkt angeht, an dem er begreift, wie sie tatsächlich ist, unterscheiden sich Buch und Film enorm, doch kann das Buch vielleicht diese Traumsequenzen etwas erläutern. Dort hat man nach ca. 3/4 der Geschichte den Angriff auf Aoyama in seinem Haus. Es folgt eine Seite, auf der beschrieben wird, wie er die ganzen Geschichten und Hinweise zu einem Bild zusammenfügt. Im Film kommt er ca. nach der Hälfte heim, wird betäubt und es folgt besagte Sequenz in der er quasi zu erträumen scheint, wie die Lage tatsächlich ist. Dabei ist aber merkwürdig, dass z.B. der Mann im Sack auftaucht, von dem er eigentlich nichts wissen kann. Es kann aber auch keine reine Fantasie sein, weil wir ja vorher bei einem Telefonat schon gesehen haben, dass der Sack tatsächlich in ihrer Wohnung liegt. Da ist der Film nicht sehr logisch bzw. konsequent, doch wird der Sinn dieser Sequenz der selbe sein, wie bei dieser einen Seite im Buch.
      Interessant ist auch ihre Motivation, ihn umzubringen. Im Film tötet sie, meine ich mich zu erinnern, schlicht Männer, die sie als verdorben und schlecht erachtet. Im Buch will sie tatsächlich mit ihm zusammen sein, doch erfährt sie erst beim gemeinsamen Urlaub von seinem Sohn und möchte ihn dann lieber töten, als zu teilen. Japaner und Animefans würden sie dann wohl als yandere bezeichnen. Also eine Frau, die unscheinbar und lieb tut, aber ihrem Geliebten eher die Beine bricht, als das er sie alleine lässt.
      Zum japanischen L und R: sie sprechen nicht L als R und nicht R als L, sondern haben ihren eigenen Laut, der irgendwo dazwischen liegt und von der Zungenbewegung her eher dem deutschen D gleicht. Also quasi ein mit der Zungenspitze vorn am Gaumen gerolltes R. Die Bayern können das angeblich ganz gut. Das sie bei Fremdsprachen L und R meist falsch machen liegt schlicht daran, dass sie diese Laute nicht kennen und sie für sie ähnlich klingen. H und F bzw. B und V sind ebenso problematisch.
      Asamis kirikri ist dann übrigens die onomatopoetische Weise stechenden Schmerz auszudrücken. Ein Onlinewörterbuch gab mir sonst noch diese Übersetzungen:
      - chafing, grinding (e.g. teeth)
      - binding tightly, pulling tight (e.g. a bow)
      - rotating quickly
      - hurting sharply
      - briskly, quickly, promptly, at once, right away
      Passt doch ganz gut zu dem, was sie tut.
      Ansonsten habe ich hoffentlich nichts vergessen und kann nur noch einen Bekannten zitieren, der, als wir den mal in größerer Runde sahen, jammerte: "Aber ich wollte doch nur einen Film sehen..."

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    2. Lieber Michael,
      danke für deine Erläuterungen zum besseren Verständnis von AUDITION, die ich mit großer Freude gelesen habe. wow! (wobei ich glaube, dass keine der im Podcast gemachten Äußerungen falsch sind in dem Sinne, dass dadurch der Film an Wirkung für uns verloren hat) Insbesondere, da ich hinsichtlich des japanischen Kinos noch einigen Lernbedarf habe. Die Miike-Monografien von Tom Mes stehen schon länger auf meiner Wunschliste.
      Alles Gute und Danke fürs Zuhören und Kommentieren
      Patrick

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    3. Nein, falsch war bei euch sicher nichts und ich hatte viel Spaß beim Hören. Aber ich studiere halt Japanologie, habe meine halbe Bachelorarbeit über Miike geschrieben und habe erst vor kurzer Zeit Audition gelesen. Da kam ich doch mal in Laberlaune. Mal sehen wie es bei euren anderen Episoden mit japanischen Filmen wird. Da habe ich noch einige zu hören.

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